Erasmus: Wir sind weiterhin dabei...
... und berichten hier von unseren Mobilitäten nach Dänemark und Finnland und von unseren Gästen aus Spanien und Slowenien.
Kopenhagen – Austausch unter Kolleg*innen und ein klasse Netzwerk
August 2022 durfte ich an einem strukturierten Fortbildungskurs zum Thema „Schülerzentrierung und Individuelle Förderung“ teilnehmen. Die Kolleginnen und Kollegen kamen aus ganz Europa und brachten viel Erfahrung aus diesem Bereich mit, sodass der kollegiale Austausch noch gewinnbringender war als die Impulse der Referentin.
In den ersten beiden Kurstagen stellten die Teilnehmer*innen ihre Schulen und Projekte vor, sodass man gleich einen Überblick hatte, wer in ähnlichen Schularten und / oder an ähnlichen Projekten arbeitete. Die übrigen Kurstage waren dem Kennenlernen von schülerzentrierten Methoden gewidmet und dem regen Austausch darüber. Die Kursleiterin gab hierfür Input und Impulse. Im Anschluss wurden die Methoden diskutiert und gute Beispiele aus der Praxis ausgetauscht. Ein Tag war dem Einsatz digitaler Methoden gewidmet, wobei zahlreiche Apps ausprobiert und diskutiert wurden. Darüber hinaus wurden zahlreiche andere Aspekte zum Rahmenthema der Fortbildung thematisiert, z. B. critical thinking, cooperative learning, project-based learning, inquiry-based learning, task-based learning, framing, trusted teacher, flipped classroom, gamification, digital gamification tools, nudging, behavioral issues und special education. Zusätzlich standen an zwei Tagen landeskundliche Aspekte im Vordergrund.
Am gewinnbringendsten habe ich dabei den Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen empfunden und die Tatsache, dass sich aus der Fortbildung ein kleines Netzwerk ergeben hat und Kontakte weiterhin gepflegt werden. Direkt aus der Fortbildung hat sich z. B. ergeben, dass slowenische Kolleginnen im Juli bei uns hospitierten. Auch halten wir seitdem mit einer spanischen Schule in Saragossa Kontakt, die im Schuljahr 2023/24 zwei Kolleg*innen zu uns schicken möchte und auch für gemeinsame Projekte offen ist. Zuvor hatte sich bereits über die Wirtschaftsschule Dinkelsbühl ein Kontakt mit einer Schule in Andalusien ergeben, sodass wir Ende 2022 unsere erste Hospitantin im Rahmen von Erasmus+ bei uns begrüßen durften. Zuerst nahmen aber zwei weitere Kolleginnen an einer Erasmusfortbildung teil und zwar in Finnland.
Karin Hitz, OStRin
Finnland – starker Fokus auf individuelle Förderung
„Lernen von den Besten: Das finnische Schulsystem“ – So versprach es der Titel der Erasmus+-Fortbildung, zu der wir uns im vergangenen Schuljahr erwartungsvoll angemeldet hatten. In den Sommerferien 2022 war es dann endlich soweit: Wir packten unsere Koffer und machten uns von Deutschland aus auf den Weg in die finnische Hauptstadt Helsinki, um dort Einblicke in das Bildungssystem Finnlands zu erhalten und zu erfahren, welche Faktoren eine entscheidende Rolle für die PISA-Erfolge des Landes spielen.
Nachdem wir trotz des Zug- und Flugchaos endlich in Helsinki angekommen waren, begaben wir uns zunächst allein, dann mit einer geführten Tour auf die Entdeckung der Stadt und lernten dabei schon einiges über Land und Leute. Am Montagvormittag startete dann das offizielle Kursprogramm mit einem Vortrag des Organisators Arne über die Hintergründe und Besonderheiten des finnischen Schulsystems: Da Finnland nur über wenige natürliche Ressourcen verfügt, verlagerte sich der Fokus schon früh auf die Ressource „Mensch“, um das Land wettbewerbsfähig zu halten. Somit stehen seit jeher die 5,5 Millionen Einwohner des Landes im Zentrum der Bemühungen, damit möglichst kein Bürger dabei als Ressource „verloren“ geht. Daher legt auch das finnische Bildungswesen großen Wert auf individuelle Förderung eines jeden Einzelnen. So setzt man in Finnland beispielsweise auf kleinere Gruppen (sieben Kinder pro Erzieher*in, ca. 17 Schüler*innen pro Klasse) und es gibt so genannte „special needs“-Kurse an den Schulen, in denen Lehrkräfte gemeinsam mit den Schülern*innen individuell daran arbeiten, Lücken im Stoff zu schließen und so wieder den Anschluss an die Klasse zu finden. Aufgrund dieser individuellen Förderung ist es auch nicht nötig, dass Schüler*innen Jahrgangsstufen wiederholen, sondern für gewöhnlich rückt jede*r in die nächste Klasse vor.
Nach diesem ersten Einblick in die Charakteristika des finnischen Schulsystems stand am Nachmittag dann das gegenseitige Kennenlernen auf dem Programm der Kursteilnehmer*innen. Da wir etwa 50 Lehrkräfte aus verschiedenen europäischen Ländern waren, konnten wir viele verschiedene Eindrücke aus Bildungssystemen in anderen deutschen Bundesländern, aber auch in Spanien, Italien, Polen, Tschechien, Österreich gewinnen. Zum Abschluss des ersten Tages gab es noch ein gemeinsames Kaffeetrinken, zu dem jede*r eine Kleinigkeit zu essen oder zu trinken aus seiner Heimat beigesteuert hatte. Das Buffet war riesig und so hatten wir auch an den folgenden Tagen immer eine leckere Verpflegung in den Pausen.
Am Dienstag waren wir dann vormittags zu Gast in einer Gesamtschule in der Nähe von Helsinki, wo wir von der Rektorin und dem dortigen Schulhund schon erwartet wurden. Sie stellte uns ihre Schule vor und teilte uns anschließend in Kleingruppen auf, die dann von Schülern*innen durch das Schulhaus und durch verschiedene Unterrichtsstunden geführt wurden. Unser Fazit nach zahlreichen Stippvisiten in unterschiedlichen Fächern und Jahrgangsstufen war, dass sich der konkrete Unterrichtsalltag nicht so sehr von unserem Unterricht am Gymnasium in Feuchtwangen unterscheidet. Nachmittags waren wir dann wieder im Meeting Park in Helsinki, wo uns ein Grundschulrektor über die organisatorischen Strukturen in seiner Schule sowie das innovative Raumkonzept informierte.
Am Mittwoch besuchten wir einen Vortrag zum Thema „Positive Pädagogik“. Dabei erklärte uns ein Trainer der „See the Good“-Kampagne, wie wichtig es ist, Stärken auszubauen und Schwächen nicht zu sehr in den Blick zu nehmen. Eine Möglichkeit, bewusst an den eigenen Stärken sowie an den Stärken der Schüler*innen zu arbeiten, bietet die App See the Good, die wir dann direkt vor Ort alle zusammen ausprobierten.
Am Donnerstag fuhren wir an die Leppävaaren-Upper Secondary School, eine erst vor kurzem gebaute Schule, die mit vielen besonderen Einrichtungsmerkmalen aufwarten konnte: Beispielsweise gibt es Schallschutzkabinen, in den man ungestört arbeiten oder telefonieren kann, und die Tische sind teils höhenverstellbar, sodass die Schüler*innen im Stehen wie im Sitzen arbeiten können. Mit diesen Eindrücken im Gepäck machten wir uns direkt von der Schule aus wieder auf den Weg zum Flughafen, um den Rückflug nach Deutschland anzutreten.
Zusammenfassend kann man sagen, dass sich die Fortbildung auf alle Fälle gelohnt hat: Wir haben Einblicke in das finnische Schulsystem, aber auch die dortige Kultur bekommen und vor allem in den Grundgedanken, dass jeder Einzelne zählt und individuell gefördert werden sollte. Allerdings haben wir auch festgestellt, dass manches bei uns so aufgrund anderer Rahmenbedingungen nicht 1:1 umgesetzt werden kann. Insgesamt können wir die Fortbildung sehr empfehlen und werden auch gerne in Zukunft noch einmal an einer Erasmus+-Fortbildung teilnehmen.
Christina Dummel, StRin, und Annika Weske, StRin
Zu Besuch in FEU: Inma aus Fuenta Palmera (Andalusien)
Im Dezember hatten wir dann für drei Tage die spanische Kollegin Inma Guadix bei uns zu Gast, die bei sich zu Hause Fachleiterin Englisch ist und bereits in mehreren europäischen Ländern hospitiert hatte, um Anregungen für ihren eigenen Unterricht und für ihre Fachschaft zu sammeln. Sie war für uns ein absoluter Gewinn. Sie kam super bei unseren Schüler*innen an und verfolgte die Stunden nicht nur von hinten, sondern brachte sich aktiv ein, wobei das eine oder andere Thema kontrovers diskutiert wurde und wir feststellten, dass Schulen und Lehrkräfte in Spanien zum großen Teil mit den gleichen Herausforderungen kämpfen wie deutsche Schulen.
Zu Besuch in FEU: Urška und Kolleginnen aus Slowenien
In der zweiten Schulwoche nach den Pfingstferien besuchte uns dann für drei Tage ein Team aus Slowenien. Der Kontakt hatte sich über Urška Repinc ergeben, die als Bibliothekarin an einer Grundschule in Bohinjska Bistrica im Nordwesten von Slowenien arbeitet und ebenfalls die Fortbildung in Kopenhagen besucht hatte. Die Kolleginnen wollten an einem deutschen Gymnasium hospitieren, da sie sich im Rahmen ihres Erasmusprojekts u. a. mit der Förderung besonders leistungsstarker Schüler*innen beschäftigen.
Letters to England
Da Mobilitäten mit Großbritannien aufgrund des Austritts der europäischen Union nicht mehr gefördert werden, beschränkt sich unser Kontakt nach England auf E-Mails und Briefe. Nachdem die Etablierung fester Brieffreundschaften letztes Jahr leider nicht geklappt hatte, sendeten wir dieses Jahr wieder Steckbriefe direkt an Mrs Cassar, die Fachleiterin für moderne Fremdsprachen am Pilton Community College in Barnstaple. Sie verteilte diese in ihrer Klasse und formulierte zusammen mit ihren Schüler*innen entsprechende Antworten für die Schüler*innen der Klasse 8b, welche in ihren Texten z. B. über ihre Wohnorte, ihren Alltag, über Lieblingsessen und Hobbies berichteten und auch passende Fotos hinzugefügt hatten.
Akkreditierung – Wir sind weiterhin dabei
Nachdem unser altes Erasmusprojekt im Mai 2023 auslief, bewarben wir uns Ende 2022 erneut für eine Teilnahme, nun im neuen System der sogenannten Akkreditierung. Konkret heißt dies, dass Schulen, denen die Akkreditierung zugesprochen wurde, mehrere Jahre lang jeweils jährlich Mittel für Aktivitäten im Rahmen des Erasmusprogramms anfordern können. Neu ist auch, dass nun auch Gruppenmobilitäten finanziell unterstützt werden, auch wenn die Partnerschule nicht akkreditiert ist. Beworben haben wir uns mit zwei konkreten Entwicklungszielen: dem Ziel der Weiterbildung von Lehrkräften im didaktisch-methodischen Bereich mit dem Schwerpunkt auf der Förderung von Schülerzentrierung und dem Ziel der Intensivierung unserer europäischen Partnerschaften.
Für das Schuljahr 2023/24 wurden uns dabei knapp über 38.000 € für Gruppenmobilitäten mit unseren europäischen Partnerschulen, für einige Individualmobilitäten von Schüler*innen und für Mobilitäten von Lehrkräften bewilligt. Über eine ehemalige Mitschülerin, die nach ihrem Abitur in Frankreich gelebt hat, konnten wir bereits die erste Individualmobilität in die Wege leiten. Die Familie unseres Schülers Laurens Böckler aus der 9. Jahrgangsstufe lud für Juli 2023 einen französischen Austauschpartner für drei Wochen zu sich ein und im Gegenzug wird Laurens im nächsten Schuljahr im Rahmen eines Erasmusstipendiums zwei Wochen in Frankreich verbringen.
Karin Hitz, OStRin, und Christina Dummel, StRin